Das Bayerische Konkordat von 1924 regelt das Verhältnis zwischen Staat und Kirche

Recht auf Selbststimmung

Das Bayerische Konkordat wurde vor 100 Jahren, am 29. März 1924, unterzeichnet. Am 15. Januar 1925 wurde es ratifiziert. Damit wurde eine Grundlage für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche geschaffen, die bis heute gilt.

Die revolutionären Umbrüche am Ende des 18. und am Beginn des 19. Jahrhunderts führten im heutigen Deutschland zur Säkularisation der Reichskirche (1803) sowie zum Ende des Heiligen Römischen Reichs (1806). Daher mussten die kirchlichen Verhältnisse neu geordnet werden. 

Die Reorganisation der kirchlichen Strukturen geschah durch Konkordate oder vergleichbare Verträge. Konkordate sind völkerrechtliche Verträge zwischen einem Staat und dem Heiligen Stuhl, in denen Angelegenheiten geregelt werden, die sowohl den Staat als auch die Kirche betreffen. 

Das Königreich Bayern schloss 1817 ein Konkordat, das aufgrund von Unstimmigkeiten erst 1821 in Kraft gesetzt werden konnte. Es sicherte dem König vor allem das Recht, die bayerischen Bischöfe zu nominieren – ein Recht, das der Heilige Stuhl im 19. Jahrhundert nahezu allen katholischen Herrschern zugestanden hat. 

Mit dem Ende der Monarchie 1918 stellte sich die Frage nach der Fortgeltung des Konkordats von 1817. Schließlich gab es keinen König mehr, welcher der eigentliche Vertragspartner gewesen war. Außerdem lehnten der Papst und die römische Kurie den bayerischen Vorschlag ab, die Rechte des Königs auf die neue demokratische Regierung zu übertragen. Sie sahen die Gültigkeit des Konkordats als nicht mehr gegeben. 

Hinzu kam, dass Bayern seit 1919 zur Weimarer Republik gehörte. Damit stellte sich zusätzlich die Frage, ob Bayern als Bundesland überhaupt berechtigt sei, für sich ein Konkordat zu schließen. Kirchlicherseits trat vor allem Eugenio Pacelli, der damalige Nuntius in München und spätere Papst Pius XII., für ein neues Konkordat ein. Er wollte die Vorgaben des kirchlichen Gesetzbuchs von 1917 anwenden, etwa die Ernennung der Bischöfe durch den Papst. Schließlich kam es nach mehrjährigen Verhandlungen am 29. März 1924 zur Unterzeichnung des Konkordats. 

Damit nahm Bayern innerhalb Deutschlands auch im 20. Jahrhundert eine Vorreiterrolle ein. Das Konkordat sollte nach Auffassung Pacellis Modellcharakter für weitere Konkordate haben, was sich allerdings als schwierig erwies, wie die späteren Konkordate mit Preußen 1929 und Baden 1932 zeigten. 

Das Konkordat von 1924 garantierte den Katholiken Religionsfreiheit und der Kirche ein Selbstbestimmungsrecht. Bezüglich der Kirchenprovinzen und Diözesen wurden die Festlegungen des Konkordats von 1817 bestätigt. 

Pflichten des Staats

Eine zentrale Neuerung war, dass seither die bayerischen Bischöfe vom Papst frei ernannt werden. Zu finanziellen Leistungen, unter anderem der Zahlung der Gehälter der Bischöfe, verpflichtete sich der Staat vor allem wegen den aus der Säkularisation heraus entstandenen Verbindlichkeiten. 

Geregelt wurden auch wichtige Bildungsfragen. Das Studium der Katholischen Theologie an den Fakultäten der staatlichen Universitäten wurde garantiert, wie das 1919 schon die Weimarer Verfassung getan hatte. Bei der Bestellung von Universitätsprofessoren („nihil obstat“, lateinisch für „es steht nichts entgegen“) und Religionslehrern im Staatsdienst (missio canonica – kirchliche Beauftragung) erhielt die Kirche Mitwirkungsrechte. Die Festlegung der Inhalte des Religionsunterrichts blieb ihr überlassen. 

Das Konkordat von 1924 gilt in der Hauptsache bis heute unverändert. Doch wurde es aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wiederholt modifiziert, beispielsweise wurde auf die im Konkordat ursprünglich festgelegte Konfessionsschule in den 1960er Jahren verzichtet. 

Eine wesentliche Motivation für die bayerische Regierung, das Konkordat trotz der erheblichen Staatsleistungen abzuschließen, war der Wille, mit diesem völkerrechtlichen Vertrag gegenüber der Weimarer Republik Eigenstaatlichkeit zu demonstrieren. Heute sind eben diese Staatsleistungen wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Zugleich zeigte und zeigt sich der bayerische Staat durch das Konkordat kirchenfreundlich. Er anerkennt die Leistungen der Kirche für das Gemeinwohl. 

Das Konkordat sichert also nicht nur die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Staat und katholischer Kirche. Es bildet auch nach 100 Jahren noch immer die staatskirchenrechtliche Basis des kirchlichen Lebens in Bayern. 

Ferdinand Müller

24.03.2024 - Bistum Augsburg